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Zalando SE

Pro und Contra:

Ist die Zalando-Aktie nach dem Kursdebakel wieder ein Kauf?

Das haben sich die Investoren anders vorgestellt. Noch Anfang August hat sich der Online-Versender Zalando in einer Pflichtmitteilung selbst gelobt. Man meldete einen neuen Rekordstand bei den aktiven Kunden (24,6 Millionen) und zählte insgesamt stattliche 29 Millionen Bestellvorgänge. Bereits zuvor hatte die Presseabteilung des jungen Unternehmens gemeldet, dass die geneigte Kundschaft pro Besuch gemessen am Einkaufswert immer mehr bestellt.

Nur wenige Wochen später, am 17. September, sah die Zalando-Welt dann plötzlich ganz anders aus. Im Rahmen einer Gewinnwarnung kassierte man die Umsatz- und Gewinnziele für das laufende Jahr. Die Investoren wurden auf dem falschen Fuß erwischt und reagierten sensibel. An diesem Tag sackte die Aktie binnen weniger Minuten um über 14 % ab. Hier ein

Das Chartbild verdeutlicht, dass der Titel mittlerweile ausgehend von einem Rekordhoch in zwei massiven Schüben korrigiert hat. Das ist zunächst nicht schlecht. Denn viele Korrekturbewegungen vollziehen sich in zwei getrennten Abschwungschüben. Anschließend starten die Aktien dann oftmals eine nachhaltige Stabilisierung. Kritisch ist hier allerdings, dass eine kleine Unterstützung bei 35 Euro (grüne Linie) offenbar nicht hält. Folglich peilt die Aktie nun die nächste Unterstützung (blau) bei rund 30 Euro an. Zuletzt kostete eine Zalando-Aktie knapp 34 Euro.

Das spricht für die Aktie: Unternehmen wächst immer noch um 20 %

pro Jahr

Unbestritten agiert das Unternehmen unverändert in einem attraktiven Gesamtmarkt. So sollen im laufenden Jahr die Umsätze der Online-Einzelhändler in Deutschland um mindestens 10 % wachsen. Die Warengruppe Bekleidung und Textilien, also genau das Untersegment, das Zalando interessiert, soll allerdings leicht unterdurchschnittlich um 9 % wachsen. Insgesamt zählt dieses Segment zu den wachstumsschwächeren des Online-Marktes. Nur noch die Warengruppe Bücher und E-Books wächst noch langsamer (4,5 %).

Trotzdem: Zalando ist immer noch ein reinrassiges Wachstumsunternehmen. Wenn wir den revidierten Prognosen der Unternehmensführung Glauben schenken, wächst Zalando gemessen am Umsatz doppelt so schnell wie der Online-Markt für Kleidung und Modeartikel. Insgesamt peilt Zalando für das laufende Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum in Höhe von 20 % an. Ist dieser veritable Wachstumstrend nachhaltig?

Das spricht gegen die Aktie: Die alten Platzhirsche schlagen mächtig zurück

Die Konkurrenz schläft nie. Besonders der Versandhändler Otto Gruppe quält Zalando. Allein in Deutschland erzielte die Otto Gruppe zuletzt einen Online-Umsatz von rund 5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Zalando braucht ganz Europa, um einen Umsatz von knapp 4,5 Milliarden Euro zu schaffen. Keine Frage: In Deutschland wird man die Otto Gruppe nicht vom Thron stoßen.

Aber auch außerhalb des deutschen Heimatmarktes bekämpft Otto den Konkurrenten Zalando. Erst im vergangenen Jahr startete Otto den Online-Handel in der Schweiz. In Österreich ist man ohnehin schon länger aktiv. Zur Information: Zalando erwirtschaftet rund die Hälfte seines Umsatzes in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz). Und überall dort ist auch Otto tätig.

Noch mehr: Derweil führt der österreichische Investor René Benko die angeschlagenen Warenhäuser Karstadt und Galeria-Kaufhof zusammen. Die beiden traditionsreichen Einzelhändler führen gegenwärtig bereits ihre Logistik zusammen und werden ab 2020 eigenständig Online-Kunden beliefern. Gegenwärtig nutzt man im Online-Versand noch das Angebot der Deutschen Post.

Ganz generell beobachte ich die Tendenz das die konventionellen Einzelhändler der Modebranche massiv ins Internetgeschäft drängen. Ganz gleich ob Karstadt, C&A, Hennes & Mauritz oder Peek & Cloppenburg, alle wühlen im Internet. Keine Frage: Der Kuchen in dieser Branche ist groß, aber Zalando wird ihn mit vielen Playern teilen müssen.

Der Kunde will in allen Welten einkaufen

Ich gehöre ohnehin nicht zu denen, die die Zukunft des Einzelhandels ausschließlich im Internet sehen. Denn der Kunde möchte am Ende vermutlich in beiden Welten einkaufen, also sowohl stationär wie online. Dafür wird der moderne Einzelhändler beide Welten geschickt kombinieren. So wird man im Internet bestellen, aber die Ware vielleicht in der Filiale abholen. Oder umgekehrt: Der Kunde kauft in der Filiale und lässt sich seine Einkäufe bequem am nächsten Tag nach Hause liefern. Hier sind viele Kombinationen zum Vorteil des Verbrauchers denkbar.

Und genau hier ist der konventionelle Einzelhändler mit seinen zahlreichen Niederlassungen strategisch gegenüber den reinen Online-Anbietern im Vorteil. Zalando oder Amazon kennen die neuen Kombi-Konzepte für den Einzelhandel natürlich auch und bereiten sich deshalb entsprechend vor. So hat Amazon im vergangenen Jahr die US-Supermarktkette Whole Foods mit 430 Filialen übernommen. Zalando wiederum betreibt mittlerweile Outlet-Filialen in Berlin, Hamburg, Frankfurt und Leipzig.

Fazit: Die Aktie interessiert mich langfristig nicht

Durch den zunehmenden Konkurrenzdruck einhergehend mit einer Verwässerung des Geschäftsmodells wird Zalando ab 2020 spürbar an Gewinndynamik verlieren. Ich sehe ich dann eher Wachstumsraten von 10 als von 20 %. Vor diesem Hintergrund ist die Aktie gegenwärtig mit einem KGV von knapp 100, ungeachtet des Kursrückgangs, recht stramm bewertet.

Lange Rede kurzer Sinn: Als Langfrist-Investment ist der Titel ungeeignet, da in den kommenden Jahren die Wachstumsdynamik spürbar abnehmen wird. Am Ende wird Zalando ein ganz normaler Mode-Einzelhändler sein. Der Internet-Aspekt, der dem Titel zuletzt so geholfen hat, wird an Bedeutung verlieren.

Spekulativ veranlagte Naturen können allerdings nächstens einmal auf eine Zwischenerholung der gebeutelten Aktie setzen. Eine solche Erholung kann durchaus 12 bis 24 Monate anhalten. Sicherheitshalber würde ich allerdings für die Zalando-Aktie nicht mehr als 30 Euro bezahlen.

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