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Oktober: Auf geht´s in den nächsten Hausse-Zyklus, oder?

Liebe Leser,

der Aktienmarkt kennt gegenwärtig keine Grenzen. Der marktbreite S&P 500 legte im Oktober knapp 2 % hinzu und markiert damit zur Stunde ein neues Allzeithoch. Noch stärker rückten exportlastige Indizes wie der Nikkei 225 oder der DAX vor. Der DAX schaffte ein schönes Plus von rund 3 % und nimmt nun die viel beachtete Marke von 13.000 Punkten ins Visier.

Insgesamt hält die Aktienhausse in Europa und Nordamerika mittlerweile seit über 10 Jahren an. In diesem Zeitraum schaffte etwa der S&P 500 auf Dollar-Basis gerechnet eine Wertentwicklung von 350 % oder 14,9 % pro Jahr. Zum Vergleich: Die langjährige Durchschnittsrendite des S&P 500 (seit 1970) liegt bei etwas über 8 %.

Vor diesem Hintergrund fragen sich viele Anleger: Geht das jetzt einfach so weiter? Packen wir jetzt in den nächsten 10 Jahren nochmal 350 % oben drauf?

Ein Blick ins Börsengeschichtsbuch verrät uns: Die Chancen für eine nahtlose Fortsetzung der laufenden Hausse stehen zumindest auf den ersten Blick nicht allzu gut. Tatsächlich folgt die Wertentwicklung der wichtigen Vermögenswerte der Weltwirtschaft, also z.B. Aktien, Gold aber auch Öl, einem übergeordneten Zyklus. Vereinfacht gesprochen gilt: Wenn ein Markt einmal 10 Jahre lang gestiegen ist, bedarf er hernach einer längeren Ruhephase.

Beispiel Gold: Das Edelmetall startete ungefähr 2000/2001 einen neuen Haussezyklus, der dann quasi planmäßig nach 10 Jahren, also 2011 endete. Anschließend durchlief die Goldnotierung eine mehrjährige Korrektur bzw. Ruhephase, um dann 2016 die nächste Haussephase zu starten, die nun gemäß dieses Modells (sog. Dekadenmodell) bis ungefähr 2026 anhalten wird. Betrachten Sie zur Verdeutlichung des Dekadenmodells bitte auch den folgenden Chart!

So funktioniert die 20-jährige Doppel-Hausse

Was sagt uns eigentlich dieses Dekadenmodell, wenn die Hausse eben nicht nach rund 10 Jahren abbricht? Das ist dann nichts anderes als ein starkes Kaufsignal bzw. ein Indiz für die sog. Doppel-Hausse. Ein solches Phänomen haben wir etwa zwischen 1981 und 2000 erlebt. In diesem Zeitraum legte der S&P 500 per saldo 1.372 % oder 15,2 % pro Jahr zu. Lediglich 1987 erlebten die Börsianer einen ernsthaften Störer, als der breite US-Markt vorübergehend um rund 32 % einbrach. Dieser Rücksetzer wurde allerdings binnen von nur 18 Monaten wieder vollständig ausgeglichen.

Betrachten wir einmal den Langfrist-Chart (seit 1981) des S&P 500! Zur Verdeutlichung meiner Argumentation habe ich die Doppel-Hausse der Jahre 1981 bis 2000 grün eingezeichnet. Die anschließende Ruhephase (2000 bis 2008) habe ich blau markiert. Die aktuelle einfache Haussephase habe ich durch eine magenta-farbene Linie gekennzeichnet.

Nun fällt so eine lukrative Doppel-Hausse nie vom Himmel, sondern sie bedarf – nicht ganz überraschend – einer ausgesprochen günstigen Gesamtkonstellation. Genau eine solche Konstellation haben wir in den 90-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erlebt. Nach der politischen Wende von 1989/90 wurde Osteuropa rasch in die Weltwirtschaft integriert. In einem zweiten Schritt wurde der russisch-sibirische Raum mit seinen gewaltigen Rohstoffen für den Weltmarkt uneingeschränkt zugänglich. In Asien starteten gleichzeitig die sog. Tigerstaaten, also unter anderem Südkorea, Taiwan oder Singapur, erstmals mächtig durch und wurden zunehmend zu attraktiven Kunden für die europäische Export-Industrie. Auf der technologischen Seite erlebten wir den Siegeszug des Computers und wenig später (etwa ab 1994) den Einstieg ins Internet-Zeitalter.

Es waren genau diese Zutaten, die aus der einfachen Hausse der 80er-Jahre die großartige Doppel-Hausse der 80er- und 90er-Jahre machte.

Was sind die Zutaten der nächsten Doppel-Hausse?

Für uns stellt sich nun die Frage: Gibt es derzeit Faktoren im Markt, die die Hausse ins nächste Jahrzehnt oder eben in die nächste Dekade tragen können?

Soviel steht jetzt schon fest: Die globale politische Entwicklung ist diesmal nicht geeignet der Börse irgendwelchen Rückenwind zu verleihen. Stattdessen erleben wir derzeit – ganz anders als 1989/90 – einen gewissen Rückbau der Globalisierung. Symbol dafür ist etwa der us-chinesische Handelskonflikt oder der bevorstehende Brexit. Zu Deutsch: Hier sehe ich schon die Gefahr, dass das Potenzial des Weltmarktes politisch bedingt etwa durch Zölle und andere Handelshemmnisse verkleinert wird.

Ich sehe allerdings einen ganz gewichtigen Faktor, der tatsächlich für die unter Investoren so beliebte Doppel-Hausse spricht, nämlich die forcierte technologische Entwicklung. Die Stichworte sind hier etwa : Neue Cloud-Software, Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz oder neue Formen der Automobilität. Als weitere Zutat der Doppel-Hausse sehe ich auch die angestrebte Klimawende, die einen weitgehenden Umbau der Produktion und Wirtschaft verlangt. Hier werden viele Unternehmen in den kommenden Jahren erheblich investieren müssen, um das eigene Geschäftsmodell zukunfts-fit zu halten.

Viele weitere Triebfaktoren für die Doppel-Hausse können wir jetzt noch gar nicht seriös abschätzen. Das können sein: Neues Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern. Die brasilianische Volkswirtschaft etwa wächst seit Anfang 2017 recht knackig. Immerhin leben dort über 200 Millionen Verbraucher. Und wenn die kaufkräftig werden, dann werden wir das auch hierzulande spüren.

Oder: In Deutschland steigen bereits seit über 10 Jahren die Geburtenraten wieder allmählich. 2006 erreichte der demographische Wandel, also die Alterung Deutschlands, ihren Höhepunkt. Das ist natürlich kein Faktor, der das Wachstum kurzfristig antreibt. Langfristig erhöht allerdings ein moderates Bevölkerungswachstum das sog. Potenzialwachstum einer Volkswirtschaft und kann daher quasi im Hintergrund durchaus positiv auf den Aktienmarkt wirken.

2020 wird das Jahr der Wahrheit:

Doppel-Hausse oder mehrjährige Ruhephase

Wann finden wir also eine Antwort auf die zentrale Frage Doppel-Hausse oder längere Ruhephase? Ich lege mich fest: Hier wird das kommende Jahr die Entscheidung bringen. Ich sehe zwei Szenarien.

Die mehrjährige Ruhephase: In diesem Szenario springt die Konjunktur auch im kommenden Jahr nicht nennenswert an. Letztlich lassen sich die derzeit recht ambitionierten Bewertungen auch gerade der Substanzaktien – z.B. Mc Donald´s, Walmart oder Coca-Cola – nicht mehr rechtfertigen. Gleichzeitig ermüdet die technologische Entwicklung.

Wachstumsstarke Nachfolger für Facebook, Amazon oder SAP, die den Stab übernehmen, sind letztlich nicht in Sicht. Folglich wird den wichtigen Indizes wie dem DAX oder dem S&P 500 die nachhaltige Überwindung der bisherigen Rekordstände nicht gelingen. Also läuft der Aktienmarkt in eine mehrjährige Ruhephase ein, die uns per saldo jenseits laufender Dividenden nur wenig Potenzial bieten wird. Mitunter werden wir in dieser Ruhephase – wie bereits zwischen 2000 und 2008 – starke Schwankungen erleben.

Szenario der Doppel-Hausse: Die Börsenampeln bleiben auf grün. Der DAX läuft mit Dynamik über 14.000 Punkte hinaus, während der S&P 500 nachhaltig die Marke von 3.000 Punkten überwindet. Technisch betrachtet sehen wir damit ein frisches Kaufsignal für die Märkte. Die Technologie erweist sich weiterhin als zentraler Triebfaktor für die Weltwirtschaft. Facebook, Amazon oder Microsoft werden weiterhin prozentual zweistellig wachsen. Tech-Unternehmen aus der zweiten Reihe wie in den USA etwa Twilio, Splunk oder HubSpot wachsen noch stärker und sorgen für weitere Innovationen. Hierzulande sind als Unternehmen der nächsten Generation Kandidaten wie Akasol, Isra Vision oder Mynaric gefordert.

Habe ich bereits für Sie eine Tendenz oder sogar eine Prognose? Tatsächlich bin ich Optimist und tendiere zum Szenario der Doppel-Hausse. Aber ich weiß sehr genau: Hier ist (möglicherweise) der Wunsch Vater der Prognose. Also genieße ich meine eigene optimistische Prognose selbst mit Vorsicht.

Ich kann Ihnen allerdings konkret verraten, was ich in meinem Depot tue. Hier kaufe ich zurzeit punktuell mit niedrigen Limits bestehende Positionen nach, wie etwa Polytec oder Nordex. Wenn ich neu zufasse, kaufe ich zunächst mit kleiner Gewichtung, um dann bei einem Rücksetzer die Position günstig zu ergänzen. Also, Preisbewusstsein ist derzeit sicherlich kein Fehler.

Bei Dividendenaktien halte ich mich im Moment weitgehend zurück. Hier ist kaum noch ein Titel auf dem Kurszettel, der nennenswert über 3 % Dividendenrendite bietet.

Zum Abschluss: Kurzfristig dürfen wir optimistisch sein und auf eine angenehme Jahresendrally setzen. Wie es danach weiter gehen wird, werden wir dann im Laufe des nächsten Jahres erfahren.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander von Parseval

PS: Noch ist der Cloud-Markt riesig und bietet Platz für viele Teilnehmer. Aber das wird nicht so bleiben! Am Horizont zeichnet sich ein gewaltiger Kampf um die Cloud ab. Die Hauptkontrahenten: Amazon, Microsoft und Google. Ich sage Ihnen nächstens an dieser Stelle, wer im Krieg um die Cloud am Ende die Waffen strecken wird.

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