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September: Immer noch kein echter Kaufmarkt

Liebe Leser,

der September war ein angenehmer Börsenmonat. Der US-Markt – gemessen am S&P 500 – kam über 3 % voran, während der DAX sogar einen Gewinn von über 5 % schaffte. Hilfreich waren hier die jüngsten geldpolitischen Maßnahmen der EZB sowie der US-Notenbank Fed. Die EZB läßt nun das im vergangenen Jahr eingestellte Anleihenkaufprogramm wiederaufleben und nagelt damit den Zins fürs Erste im Keller fest. Die Fed wiederum senkte den US-Leitzins um einen Viertelpunkt in die Spanne zwischen 1,75 und 2 %.

Fazit: Selbst mittelprächtige Unternehmen können sich weiterhin zu sehr günstigen Konditionen am Markt finanzieren. Und natürlich: Die Aktie als Anlageform, sofern man Nettorenditen erzielen möchte, bleibt alternativlos.

Mitte des Monats hatten wir einen kleinen „Störer“, als einige Marschflugkörper wahrscheinlich iranischer Herkunft in das saudische Ölzentrum von Abqaiq einschlugen und kurzfristig rund 50 % der saudischen Ölförderung vom Netz nahmen. Kurzzeitig rasten die Ölpreise in die Höhe. Mittlerweile hat sich der Ölmarkt allerdings wieder weitgehend beruhigt, nachdem die saudische Förderung wieder voll hergestellt worden ist.

Zudem sind die Investoren wohl zurecht der Meinung, dass am Persischen Golf – trotz der fortgesetzten Provokationen aus Teheran – keine unmittelbare Kriegsgefahr droht. Gegen einen ausgewachsenen Krieg spricht die Faktenlage: So ist Donald Trump derzeit nicht gewillt, für das saudische Königshaus in den Krieg zu ziehen. Rund ein Jahr vor den nächsten US-Präsidentschaftswahlen wäre ein neuer Golf-Krieg kein geeignetes Wahlkampfthema. Saudi-Arabien wiederum ist letztlich bei aller Hochrüstung mit einem eigenen Waffengang gegen den Iran überfordert.

Hier müssen wir nur die Bevölkerungsrelation betrachten: Im Iran leben über 80 Millionen Menschen. Denen stehen in Saudi-Arabien lediglich 20 Millionen angestammte Saudis gegenüber. Ungefähr ein Drittel der saudischen Gesamtbevölkerung von 31 Millionen Menschen sind Gastarbeiter etwa aus Indien, Pakistan oder den Philippinen. Diese Gastarbeiter werden im Kriegsfall sicherlich nicht zum Sturmgewehr greifen, sondern das Land verlassen. Kurzum: Es bleibt dem saudischen Kronprinz bin Salman im Moment keine andere Möglichkeit, als die Provokationen aus Teheran zu ertragen.

Der Aktienmarkt steigt nicht mehr

So positiv der September für uns als Börsianer auch war, letztlich hat der Markt in diesem Zeitraum nur die Verluste des Vormonats aufgeholt. Auch auf Jahressicht bestätigt sich dieser Befund. Zwar legte der deutsche Leitindex seit Jahresbeginn um fast 19 % zu. Aber auch hier wurden letztlich nur die Verluste der Vormonate wieder aufgeholt. So hat der DAX in den letzten 12 Monaten per saldo keinen Meter gemacht (-0,44 %).

Das gleiche Bild in den USA: Hier liegt der S&P 500 auf Jahressicht mit 1,6 % im Plus. Nun werden Sie vielleicht bei der Betrachtung Ihres Depots erwidern, dass Sie mit Ihren US-Aktien deutlich besser verdient hätten. Das ist völlig richtig! Allerdings enthält diese Performance aus unserer Sicht einen positiven Währungseffekt von fast 6 %. Zu Deutsch: Der Euro hat in den vergangenen 12 Monaten um 5,7 % gegen den US-Dollar abgewertet und damit Ihre Kursgewinne in Euro spürbar aufgepolstert. Dieser Effekt ist für uns als Euro-Anleger natürlich schön. Er wird sich allerdings nicht beliebig wiederholen und kann eine einfache Erkenntnis nicht verstecken: Der Aktienmarkt steigt nicht mehr, weder in Europa noch in den USA.

Die Charttechnik bestätigt diesen Befund. So hat sich zuletzt eine sogenannte Schulter-Kopf-Schulter-Formation (S-K-S in Chartbild) ausgebildet, die unter Charttechniker als obere Umkehrformation gilt. Lassen Sie es mich etwas volkstümlicher formulieren: Im Mai, Juli und zuletzt im September hat der DAX versucht den Bereich zwischen 12.300 und 12.600 Punkten nachhaltig zu überwinden, und dreimal ist der Index gescheitert. Das ist ungefähr so, wie wenn ein Bergsteiger dreimal unterhalb des Berggipfels scheitert. Dann wird er ins Tal zurückkehren und den Aufstieg im kommenden Jahr nochmals mit frischem Proviant versuchen.

enau dieser „frische Proviant“ fehlt dem Aktienmarkt gegenwärtig. Die Analysten des Fondshauses Fidelity beschreiben den Sachverhalt so: Das Wachstum der Weltwirtschaft ist stagnierend, wenn auch nicht rückläufig. Unverändert boomen die Branchen Dienstleistung und Konsum in den westlichen Volkswirtschaften. Aber das verarbeitende Gewerbe – also die klassischen Industrie-Unternehmen – schwächeln.

Fazit: So habe ich mich in Ihren Depots in den vergangenen 4 Wochen eher zurückgehalten. Ich bin nun sehr gespannt auf den bevorstehenden Oktober. Letztlich sollten wir nochmals einen scharfen Rücksetzer mit intensiven Schwankungen sehen. Dann wäre der Markt wieder kaufenswert, auch wenn die Konjunktur möglicherweise zunächst noch nicht gleich anzieht. Eine spürbare Konjunkturbelebung erwarte ich erst für das kommende Jahr.

Depotcheck: Ein schönes Depot mit kleinen Schönheitsfehlern

Vor einigen Wochen hat mir ein Privatanleger sein Depot zugesendet und mich um meine Meinung dazu gebeten. Ich helfe immer gerne, und die Depotanalyse ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Das Problem: Ich darf Sie als Privatanleger im Rahmen einer Börsenpublikation nicht individuell betreuen. Hier verlangt die Finanzaufsicht, dass alle Leser grundsätzlich die gleichen Informationen erhalten müssen.

Als Praktiker empfinde ich die Politik der BaFin mitunter als etwas kleinlich. Aber im Kern sind die Regeln der Finanzaufsicht schon sinnvoll und vernünftig. So habe ich mich in Absprache mit dem eingangs erwähnten Privatanleger entschieden, das Depot öffentlich zu besprechen. Auf diese Weise profitieren Sie alle und erfahren, wie ein Profi an ein Depot herangeht.

Jetzt genug der Vorrede und ran ans Depot!

Mir hat das Depot gleich auf den ersten Blick sehr gut gefallen. Hier verfolgt jemand einen klaren Fahrplan und setzt ganz offensichtlich bevorzugt auf Qualitätstitel des US-Marktes. Damit dürfte der Kollege in den vergangenen Jahren beachtlich verdient haben. Tatsächlich entwickelten sich die US-Börsen seit Mitte 2018 sogar deutlich besser als die europäischen Märkte.

Beachtenswert ist zudem, dass der Anleger Anleihen in bedeutendem Umfang beigemischt hat. Das ist für Privatanleger eher ungewöhnlich. Tatsächlich investieren Privatanleger hauptsächlich am Aktienmarkt. Diese einseitige Orientierung führt leider in gewissen Abständen – etwa zwischen 2000 und 2003 sowie 2008 – zu massiven Rückschlägen im Depot. Tatsächlich zeigen Studien, dass solche gemischten Depots, die eben auch Anleihen oder Immobilien-Investments berücksichtigen, langfristig besser abschneiden, da die Rückschläge besser abgefedert werden.

Problematisch erscheint mir gegenwärtig freilich die aufgeführte Südzucker-Anleihe. Das Unternehmen leidet gegenwärtig unter den sehr schwachen Weltmarktpreisen für Zucker. Erschwerend wirkt hier, dass die EU vor wenigen Jahren den europäischen Markt für Importe etwa aus Brasilien oder Indien geöffnet hat. Zur Information: Hier wird Zuckerrohr sehr billig angebaut. Europäische Zuckerrüben, auf die Südzucker setzt, sind hier kaum konkurrenzfähig.

Derzeit und wahrscheinlich auch im kommenden Jahr schreibt Südzucker rote Zahlen. Das beeinträchtigt logischerweise die Bonität des Schuldners. Folglich büßte die Anleihe bereits 2018 rund 25 % ein. Eine rasche Kurserholung ist eher unwahrscheinlich. Hier kann es sinnvoll sein, diesen Titel ungeachtet der bisherigen Buchverluste zu verkaufen, sofern der Aktienmarkt wieder anzieht.

Konsum: Raus mit den Tabak-Unternehmen!

Schauen wir uns nun einmal einige Aktienpositionen im Detail an. Zunächst habe ich die Positionen grob nach Branchen angeordnet. Der Vorteil: Auf diese Weise erkennen Sie rasch die grundsätzliche Struktur und Ausrichtung eines Depots. Wie bereits eingangs erwähnt, finden Sie in diesem Depot reichlich Qualität. Unternehmen wie Nestlé und Berkshire Hathaway sind über jeden Zweifel erhaben und haben noch nie geschadet.

Erkennbar hat der Anleger ein gewisses Übergewicht in der Branche Konsum und Marken geschaffen. Insgesamt freilich halte ich die Branche für nicht so stark, dass eine derartige Übergewichtung gerechtfertigt wäre. Unwiederbringlich vorüber sind die Zeiten, wo etwa Nestlé die Maggi-Markenlinie problemlos zwischen Alaska und Neuseeland verkaufen konnte. Der moderne Verbraucher wünscht zunehmend mehr regionale Marken. Für Unternehmen wie Nestlé, Procter & Gamble oder Reckitt Benckiser stellt das veränderte Konsumentenverhalten durchaus eine Herausforderung dar.

Überhaupt nicht überzeugt bin ich von Tabak-Unternehmen. Lassen Sie hier einfach einmal einige Fakten wirken: In New York kostet eine Packung Zigaretten derweil 12,95 US-Dollar – im Durchschnitt. In Deutschland hat der Gesetzgeber seit 2000 die Tabaksteuer im Schnitt alle zwei Jahre angehoben. Insgesamt wurde die Steuer also zehnmal angehoben. Gleichzeitig ist den Unternehmen mittlerweile nahezu jede Werbung untersagt. Stattdessen müssen die Unternehmen der Branche ihre Produkte mit Schockbildchen „zieren“. Eine rhetorische Frage: Wie sollen die Unternehmen in diesem Umfeld noch Geld verdienen?

In dem Sinn: Raus mit der Aktie der British American Tobacco! Diesen Verkauf muss man nicht spontan erledigen, da die Aktien in der Tat derzeit sehr billig sind und eigentlich für eine Zwischenerholung reif sind. Aber dann bitte weg mit diesen Aktien! Diese Verkaufsempfehlung gilt selbstredend auch für Unternehmen wie Altria, Imperial Brands etwa Philip Morris.

Wie bereits angedeutet: Im Segment Konsum darf der Kollege also durchaus etwas ausdünnen. Hier erscheint mir auch ein Verkauf der Aktie der Autozone überlegenswert. Das Unternehmen vertreibt in über 6.000 Filialen vorwiegend in den USA und in Mexiko Autozubehör bzw. Ersatzteile und ähnelt damit hierzulande entfernt dem Werkstatt-Unternehmen A.T.U. Generell profitiert das Unternehmen, wenn eine nationale Fahrzeugflotte in die Jahre kommt. Das ist gegenwärtig in den USA zweifellos der Fall. Freilich wird dieser Trend irgendwann auch einmal wieder kippen, nämlich dann, wenn die Kunden allmählich ihre alten Stücke ausrangieren. Naturgemäß lässt dann auch die Nachfrage nach Autoteilen nach.

Warum nicht einmal etwas Technologie und Wachstum?

Bisher zeigte sich der Anleger recht zurückhaltend im Bereich der Technologie- und Wachstumsaktien. Hier setzt er gegenwärtig nur auf Alphabet und Visa. Das ist auf Dauer zu wenig. Vor allem wenn man bedenkt, wie hoch der Anteil dieser Unternehmen mittlerweile an der globalen Wertschöpfung ist.

Ich wiederhole mich: Ein insgesamt starkes Depot! Hier muss der Anleger nicht mit dem groben Besen durchkehren, sondern wie beschrieben gezielt an einigen Stellschrauben drehen. Dadurch kann er langfristig die Rendite noch etwas verbessern, ohne dadurch die bisherige Robustheit und Stabilität des Depots zu gefährden.

Der nächste Depotcheck: Möchten auch Sie meine Meinung zu Ihrem Depot hören? Dann schreiben Sie mir unter: info@vph-fonds.de

Der nächste Depotcheck findet in der Dezember-Ausgabe von Mein Parseval statt. Beachten Sie bitte, dass ich eine Besprechung Ihres Depots nicht garantieren kann. Sollten sich mehrere Leser für die Aktion bewerben, werde ich das entsprechende Depot auslosen.

Selbstverständlich bleiben Ihre persönlichen Daten wie Name, Adresse, Telefon oder E-Mail immer geschützt. Für den Depotcheck benötige ich natürlich die Liste der Positionen und idealerweise deren prozentuale Gewichtung innerhalb des Gesamtdepots. Selbstverständlich können Sie mir einfach auch einen Depotauszug schicken. Auch hier werde ich Ihre Daten selbstverständlich schützen und nur insofern veröffentlichen, als es für den Depotcheck erforderlich ist.

*Hinweis auf Interessenkonflikt: Ich bin persönlich oder für Dritte in den mit einem Sternchen gekennzeichneten Aktien investiert.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander von Parseval

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