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März: Politik liefert nicht - Börse dennoch stabil / Apple startet neue Produktoffensive

Das erfüllt die medizinische Definition für Wahnsinn. Die geht ungefähr so: Sie sind dann wahnsinnig, wenn Sie immer das Gleiche tun, aber jedes Mal davon ausgehen, dass es diesmal einen anderen Ausgang nimmt. Das ist auch ziemlich genau die Beschreibung für die britische Brexit-Politik.

Wenn Sie diese Ausgabe von Mein Parseval erhalten, stimmen die britischen Abgeordneten also wieder einmal über den sogenannte May-Plan ab. Das tun sie nun zum dritten Mal. Eigentlich steht jetzt schon fest, dass Theresa May auch diesmal im Unterhaus keine Mehrheit finden wird. Immerhin eine positive Nachricht habe ich trotzdem für Sie: Es gibt in London - bei allem Wahnsinn – keine Mehrheit für einen harten Brexit.

Was passiert stattdessen? Nach meiner Einschätzung liegt der Schlüssel für eine Brexit-Lösung - ganz gleich welcher Qualität - in London. Erst wenn das innenpolitische Patt aufgelöst werden kann, wird wieder neue Bewegung in den festgefahrenen Austrittsprozess kommen. Hilfreich dürfte in jedem Fall ein Rücktritt der Premierministerin sein.

Möglicherweise wird dann Großbritannien auch gleich zu Neuwahlen schreiten. Ein zweites Brexit-Referendum sehe ich gegenwärtig nicht.

Was sind die Auswirkungen für den Aktienmarkt? Es verdichten sich die Anzeichen, dass sich der Brexit-Prozess noch mehrere Monate hinziehen wird. Die Investoren haben sich an das Gezerre in London mittlerweile gewöhnt. Mit anderen Worten: Eine weitere Verschiebung des Brexit wird sich nicht unmittelbar auf die europäischen Aktienmärkte auswirken. Gleichwohl ist die Brexit-Diskussion vor allem für die europäische Konjunktur alles andere als ein Wachstumsmotor. Aber dazu später mehr!

Washington und Peking ringen weiter hart im Handelsstreit

In diesem Moment ringen in Peking Robert Lighthizer (US-Handelsbeauftragter) und Steven Mnuchin (US-Finanzminister) mit dem chinesischen Top-Verhandler Liu He um eine weitere Annäherung im sino-amerikanischen Handelskonflikt. Nächste Woche wird sich Herr Liu sehr wahrscheinlich für weitere Gespräche nach Washington begeben. Also: Man ist im Gespräch. Über die Qualität dieser Gespräche ist freilich bislang noch nicht viel bekannt geworden. Beide Seiten versorgen die Weltöffentlichkeit kaum mit Nachrichten von Substanz.

Auch hier haben wir uns mittlerweile daran gewöhnt, dass schnelle Resultate nicht zu erwarten sind. Einen messbaren Einfluss zumindest auf die US-Börsen sehe ich ebenfalls nicht. Schließlich haben sich die US-Börsen seit der Jahreswende gut entwickelt.

Ist es also so wie immer? Politische Börsen haben kurze Beine. Anders formuliert: Politische Entwicklungen und Entscheidungen beeinflussen letztlich den Aktienmarkt kaum. Ein Beispiel: Als Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, war die Welt in Aufruhr. Trotzdem eilten die US-Indizes von Rekord zu Rekord.

Es ist in der Tat richtig: Viele politische Ereignisse berühren den Aktienmarkt bestenfalls vorübergehend. Das ist diesmal trotzdem nicht die ganze Wahrheit. Diesmal haben wir es nämlich mit zwei handelspolitischen Ereignissen zu tun, die sich ohne Frage auf das globale Handelsvolumen auswirken können.

Erste Vorboten sehe ich jetzt schon: So wuchs etwa die britische Volkswirtschaft im 4. Quartal des vergangenen Jahres um 0,2 %. Wachstumstreiber war dabei der private Konsum und Ausgaben der öffentlichen Hand. Der britische Export hingegen schrumpfte und belastete die Gesamtrechnung.

In Deutschland trug der Export in diesem Zeitraum ebenfalls nicht zum Wachstum bei. Hier noch eine interessante Zahl für Sie: Wussten Sie, dass deutsche Unternehmen ungefähr genauso viel nach Großbritannien wie nach China exportieren? Alle Welt redet immer vom gigantischen chinesischen Markt. Tatsache ist, dass Deutschland Waren für rund 95 Milliarden US-Dollar jeweils nach China als auch Großbritannien lieferte.

Noch ein Warnzeichen: Im ersten Halbjahr 2018 exportierten Chinesen Waren im Wert von 297 Milliarden US-Dollar in die USA. Im zweiten Halbjahr ging das Exportvolumen um 18 % auf 243 Milliarden US-Dollar zurück. Dieser Rückgang ist eine unmittelbare Auswirkung der zwischenzeitlich in Kraft gesetzten US-Zölle auf chinesische Waren und Produkte.

Kommt jetzt die Rezession?

Genau das war im März aus Sicht vieler Investoren das Problem. Die Politik liefert nicht, weder in Peking, Washington, London oder Brüssel. International agierende Unternehmen sehen den Sachverhalt ähnlich und schieben wichtige Projekte bzw. bedeutende Investitionen auf die lange Bank. Es fehlt hier einfach an Planungssicherheit.

Fazit: Die Brexit- Problematik und die Handelsauseinandersetzungen zwischen Peking und Washington werden uns sicherlich keinen Crash bescheren. Allerdings hinterlassen beide Ereignisse Bremsspuren in der Weltkonjunktur. Möglicherweise ist deshalb das weitere Potenzial des Aktienmarktes in Europa und in den USA zunächst begrenzt, solange diese Belastungsfaktoren nicht ausgeräumt werden.

Im Umkehrschluss: Stellen Sie sich vor, im April gewinnt ein neuer britischer Premier plötzlich eine Mehrheit für einen weichen Brexit! Gleichzeitig räumen Washington und Peking ihre Zwistigkeiten aus, und Donald Trump und Xi Jinping liegen sich vor laufender Kamera in den Armen. Dann jagt der DAX spontan deutlich über die Marke von 12.000 Punkten.

Meine Empfehlung: Ich rate derzeit eher zu defensiven Titeln, die nicht gesteigert konjunktur-sensibel sind. Das können z.B. Versicherer, Telekom-Unternehmen oder US-Versorger sein. Ausgewählte Einzeltitel wie Fresenius oder Apple sind ebenfalls im gegenwärtigen Marktumfeld aussichtssreich. Zum letzt genannten Titel lesen Sie gleich meine Besprechung.

Ganz spannend finde ich ungeachtet der schwierigen Nachrichtenlage ausgerechnet den chinesischen Aktienmarkt. Dort haben nämlich die Investoren im vergangenen Jahr (-27 %) einen ausgewachsenen Handelskrieg mit den USA eingepreist. Wenn dieser Konflikt eben doch ausbleibt, sind chinesische Aktien wieder ein klarer Kauf. Aber hier gedulden Sie sich bitte noch etwas! Ich werde Sie in jedem Fall entsprechend informieren.

Praxis-Check: Was taugen die neuen Apple-Angebote?

Bereits zuletzt hatte Apple angekündigt, die Modellreihen iPad, iMac und AirPod grundlegend zu überarbeiten. Das iPhone der neuesten Generation ist ja ohnehin schon auf dem Markt. Das allein reicht dem Apple-Chef Tom Cook allerdings noch lange nicht. Jetzt macht er ernst und baut die Servicesparte des Unternehmens massiv aus. Das sind die Neuheiten:

Apple TV+: Man wird im Herbst zunächst in Nordamerika einen Video-Dienst für Filme und eigene Serien auflegen. Werbegesichter dieser Kampagne werden diverse Hollywood-Ikonen wie Steven Spielberg oder die US-Schauspielerinnen Jennifer Aniston und Reese Witherspoon. Das Abo-Angebot wird werbefrei sein und auf allen gängigen Apple-Endgeräten abrufbar sein. Aber mehr noch: TV+ wird auch außerhalb der Apple-Produktwelt funktionieren, etwa auf dem Amazon-Fire-System.

Hier lanciert man einen massiven Angriff vor allem auf Netflix und in zweiter Linie auch auf den Amazon-Videodienst. Der Konkurrenzkampf in diesem Marktsegment ist offensichtlich intensiv. Apple verfügt allerdings über eine enorme und auch treue Kundenbasis. Meine Prognose: TV+ wird einschlagen.

Apple News+: Dieser Bezahldienst bietet dem interessierten Leser in der Startphase Zugriff auf rund 300 Magazine und Tageszeitungen. Vom ersten Tag an werden dabei so wichtige Printprodukte wie das Modemagazin Vogue oder die Börsenzeitung Wall Street Journal an Bord sein. Der Leser kann dabei die Zeitungen sowohl online wie auch offline lesen. Der Preis für dieses Angebot soll bei lediglich bei 10 US-Dollar pro Monat liegen.

News+ wird lediglich ein Nischenprodukt bleiben, allerdings das bisherige Informationsangebot des Unternehmens an der richtigen Stelle abrunden. Außerdem wird Apple die Inhalte letztlich sehr billig einkaufen und kann sie daher auch entsprechend günstig an den Endkunden weitergeben. Also eine sinnvolle Maßnahme.

Apple Arcade: Das sagt Apple selbst: „Die Regeln werden neu geschrieben. Mach dich bereit. Ein Abo. Familienfreigabe. Spiel offline. Ohne Ende Spiele. Keine Werbung. Vertraulich und sicher.“

Das klingt zunächst harmlos. Tatsächlich steigt man nun massiv in den hochattraktiven Markt für Videospiele ein. Dabei werden die Spieler gleich zum Start Zugriff auf mindestens 100 Videospiele haben und das, wie bei den übrigen Apple-Angeboten, für eine monatliche Abogebühr. Der Preis steht noch nicht fest. In Deutschland soll Arcade im Herbst starten.

Bei Arcade sehe ich großes Potenzial. Videospiele sind heute nicht mehr nur die Domäne männlicher Teenager. Tatsächlich werden die Angebote immer komplexer und intelligenter und ziehen damit zunehmend mehr Menschen in ihren Bann. Nachteil: Dieser Markt ist ähnlich wie der für Video-Streaming sicherlich nicht konkurrenzfrei. Hier trifft man Giganten wie Alphabet, Facebook oder Microsoft. Trotzdem: Arcade wird seinen Platz im Markt finden.

Dafür sorgt schon allein die Masse der eingeschworenen Apple-Jünger.

Apple-Aktie jetzt für konservative Investoren noch attraktiver

Zuletzt wirkte das Unternehmen und seine Aktie ausgelaugt. Richtig ist auch, dass Apple gegenwärtig kein neues geniales Hardware-Produkt, wie zuvor das iPhone, in der Pipeline hat. Deshalb wurde das Servicegeschäft in den vergangenen Monaten zum Wachstumsmotor, während die iPhone-Absätze enttäuschten. Tim Cook macht in dieser Situation genau das Richtige. Er konzentriert sich auf das Wachstumsgeschäft Service, um es noch stärker zu machen.

Dadurch wird sich das Unternehmen verändern, aber keinesfalls verschlechtern. Im Gegenteil: Künftig wird Apple auf zwei Säulen ruhen, nämlich dem iPhone- und dem Servicegeschäft. Das macht die Aktie vor allem für den langfristig orientierten Investor nur noch attraktiver.

Hinweis nach § 34 WpHG: Ich bin derzeit für Dritte in der Aktie der Apple investiert.

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